Müssen Arbeitgeber eine Schadensersatzpauschale zahlen, wenn sie sich mit Entgeltzahlungen im Verzug befinden? Diese Frage war höchstrichterlich in der Vergangenheit noch nicht geklärt worden.
In einem aktuellen Grundsatzurteil hat sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) nun gegen Verzugspauschalen im Bereich des Arbeitsrechts ausgesprochen.
Der in § 288 Abs.5 BGB vorgesehene pauschale Schadensersatz in Höhe von € 40,00 bei verspäteten Zahlungen soll unpünktliche oder unvollständige Zahlungen im Geschäftsverkehr verhindern bzw. reduzieren. Seit Einführung dieser Verzugspauschale war es strittig, ob § 288 Abs. 5 BGB auch im Arbeitsrecht gilt – der Arbeitgeber folglich neben dem Verzugsschaden auch eine Pauschale zahlen muss, wenn er sich mit Lohnzahlungen im Verzug befindet.
Die Pauschale ist entsprechend dem Gesetzeswortlaut auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, wenn der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
Im Arbeitsrecht besteht jedoch die Besonderheit, dass es in Urteilsverfahren erster Instanz keinen Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten gibt. Die mit der vorliegenden Problematik befassten Gerichte haben bislang unterschiedlich entschieden und häufig einen Anspruch des Arbeitnehmers bejaht.
Das BAG hat sich mit der aktuellen Entscheidung jetzt eindeutig positioniert – und gegen eine Schadensersatzpflicht ausgesprochen.
Dieser Entscheidung des BAG lag folgender Fall zugrunde:
Der Arbeitnehmer erhielt vom Arbeitgeber fünf Monate lang keine Besitzstandszulagen, also kinderbezogene Entgeltbestandsteile. Daher klagte der langjährig beschäftigte Arbeitnehmer die Besitzstandszulagen für Mai bis September 2016 gerichtlich ein. Darüber hinaus forderte er für die Monate Juli bis September drei Schadensersatzpauschalen in Höhe von jeweils 40,00 € gemäß § 288 Abs.5 BGB. Der Arbeitgeber vertrat vor Gericht die Rechtsauffassung, dass er sich nicht schuldhaft im Verzug befunden habe. Zudem sei § 288 Abs.5 BGB im Arbeitsrecht gemäß § 12a ArbGG nicht anwendbar. Das Arbeitsgerichtsgesetz sieht hierin eine spezielle arbeitsrechtliche Regelung zur Kostentragungspflicht vor.
Die Vorinstanzen hatten dem Arbeitnehmer noch Recht gegeben und einen Anspruch auf Zahlung der Schadensersatzpauschalen bejaht. Anders urteilte nun jedoch das Bundesarbeitsgericht. Nach Auffassung des achten Senats wäre § 288 Abs.5 BGB zwar grundsätzlich auch in Fällen, in denen sich der Arbeitgeber mit der Zahlung von Arbeitsentgelt in Verzug befindet, anzuwenden. Der Anspruch sei aber wegen der speziellen – und damit vorrangigen – arbeitsrechtlichen Regelung in § 12 a Abs.1 Satz 1 ArbGG ausgeschlossen.
Nach dieser Vorschrift steht der obsiegenden Partei zumindest im ersten Rechtszug kein Anspruch auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Ersatz der Kosten für einen Prozessbevollmächtigten oder Beistand zu.
Hierzu erläuterten die BAG-Richter in ihrem Urteil, dass § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG als spezielle arbeitsrechtliche Regelung nicht nur einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch wegen erstinstanzlich entstandener Beitreibungskosten ausschließe, sondern eben auch einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch, der diesem entspricht. Somit folglich auch einen Anspruch auf Schadensersatzpauschale gemäß § 288 Abs.5 BGB.
Hinweis: BAG, Urteil vom 25. 09. 2018, Az: 8 AZR 26/18; Vorinstanz: LAG Düsseldorf, Urteil vom 10. 10. 2017, Az: 8 Sa 284/17