

Jubiläum - 150 Jahre BDS Bayern
VORWORT
Brückenschlag Vergangenheit > Zukunft
Seit eineinhalb Jahrhunderten setzt sich der Bund der Selbständigen– Gewerbeverband Bayern e.V. für die Belange der Unternehmer und Selbständigen ein. Das ist wahrlich ein guter Grund, sich in einem kleinen Sonderheft zu feiern.
In dieser Jubiläumsbroschüre werfen wir einen Blick zurück auf die bewegte Geschichte unseres Landesverbandes, der sich von seiner Gründung bis heute stets mit großem Engagement, Leidenschaft und Hingabe für das Wohl der bayerischen Selbständigen und Unternehmer eingesetzt und für sie gekämpft hat. Gerade vor dem Hintergrund dieser traditions- und ruhmreichen Verbandsgeschichte erfüllt es mich persönlich mit großem Stolz, diese Jubiläumsbroschüre und auch die 150 Jahre-Feierlichkeiten maßgeblich mitgestalten zu dürfen.
Ein großes Jubiläum ist nicht nur ein Moment des Rückblicks, sondern auch des Ausblicks. Unternehmer, Verbände und die Gesellschaft insgesamt stehen vor großen Veränderungen. Unsere Broschüre wirft daher auch einen Blick – hierzu das Heft um 180 Grad drehen – auf die Herausforderungen und Chancen, die in den kommenden 30 Jahren auf uns warten. Gemeinsam wollen wir den Wandel gestalten und die Zukunft für Selbständige und Unternehmen in Bayern aktiv verbessern. Lassen Sie uns gemeinsam auf die Vergangenheit anstoßen, die Gegenwart feiern und die Zukunft planen!
Lassen Sie uns gemeinsam eine Brücke schlagen von einer erfolgreichen traditionsbewussten Vergangenheit hin zu einer erfolgreichen modernen Zukunft!
Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei den Feierlichkeiten zu unserem 150. Geburtstag sowie insbesondere beim Lesen dieser Jubiläumsbroschüre.
Ihr Michael Forster
Editorial

Liebe Mitglieder, liebe Freunde des BDS Bayern,
mit Stolz und Freude blicken wir auf 150 Jahre Selbstständigkeit, Unternehmergeist und Zusammen-halt zurück. Die Geschichte unseres Verbandes ist eine Erfolgs-geschichte, geschrieben von mutigen Menschen, die auch in schwierigen Zeiten nicht gezögert haben, Verantwortung zu übernehmen. In Zeiten des Wandels und der Herausforderungen haben unsere Mitglieder immer wieder bewiesen, dass unternehmerische Kreativität und Innovationskraft die besten Antworten auf Unsicherheit sind.
Auch heute, in einer Zeit, in der die Welt vernetzter, schneller und komplexer geworden ist, zeigt sich, wie wichtig ein starkes Netzwerk wie der BDS Bayern ist. Die großen Veränderungen der Zukunft schaffen wir nur gemeinsam. Gerade die kleinen und mittelständischen Unternehmer waren stets der Motor der Veränderung. Auf ihre Innovations- und Leistungsfähigkeit kommt es an.
An dieser Stelle danke ich allen Mitgliedern, die sich in den vergangenen 150 Jahren eingebracht haben und sich heute engagieren. Auch in Zukunft sind wir eine starke Gemeinschaft, die ihre Kraft aus der Vielfalt der Selbstständigen schöpft und die bereit ist, unser aller Zukunft auch in den nächsten 150 Jahre erfolgreich mitzugestalten.
Packen wir es an!
Mit herzlichen Grüßen,
Gabriele Seehorz

Grußwort 150 Jahre – Bund der Selbständigen Gewerbeverband Bayern e.V.
Die Selbständigen sind Garant unseres Wohlstands! Sie zeichnen sich durch Fleiß, Motivation und Innovationsfreude aus und stehen für die Verantwortungsbereitschaft, auf die es in der Sozialen Marktwirtschaft ankommt. Ihre Anliegen werden seit 150 Jahren tatkräftig vom Bund der Selbständigen vertreten.
Dafür Dank und Anerkennung!
Gerade in den aktuellen Zeiten der Krise braucht es optimale Rahmenbedingungen für die Selbständigen. Dafür steht die Bayerische Staatsregierung! Wir sorgen mit dem Modernisierungs- und BeschleunigungsProgramm für ein umfassendes Bayern-Update. Wir bauen lähmende Bürokratie massiv ab, indem wir 10 Prozent aller Verwaltungsvorschriften streichen und die Paragraphenbremse verschärfen. Wir treten für dauerhaft günstige Energiepreise ein und schaffen neue Finanzierungsangebote für den Mittelstand. Und: Fleiß muss sich wieder lohnen! Wir setzen auf degressive Abschreibung bei Investitionen und steuerfreie Überstunden. Unternehmenssteuern, die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel und die Gastrosteuer müssen gesenkt werden. So stellen wir sicher, dass die Selbständigen auch in herausfordernden Zeiten stark bleiben. Und dass Bayern mit Zuversicht nach vorne blicken kann, denn der Mittelstand ist das Rückgrat unseres wirtschaftlichen Erfolgs!
Herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum!
Markus Söder
Historie
Beständigkeit im Wandel der 150 Jahre
Wie Gewerbeverbände den politischen Wandel forcierten und fördern
Gewerbeverbände haben in den letzten 150 Jahren eine entscheidende Rolle dabei gespielt, den politischen und wirtschaftlichen Wandel voranzutreiben und gleichzeitig Kontinuität in ihren Kernanliegen zu bewahren. In Zeiten großer gesellschaftlicher Umwälzungen, technologischer Revolutionen und globaler Verflechtungen haben diese Verbände nicht nur als Sprachrohr ihrer Mitglieder fungiert, sondern auch aktiv politische Prozesse beeinflusst. Gewerbeverbände haben den Wandel sowohl forciert als auch begleitet, und haben dabei stets ihre Rolle als stabile Größe in der sich wandelnden Landschaft bewahrt.
Die Entstehung der Gewerbeverbände und ihre frühe Rolle
Die Gründung von Gewerbeverbänden im späten 19. Jahrhundert war eng mit den Herausforderungen der Industrialisierung verbunden. Handwerks- und Gewerbebetriebe sahen sich einem tiefgreifenden Wandel gegenüber: der Mechanisierung, dem Aufstieg großer Industrieunternehmen und den damit verbundenen sozialen und wirtschaftlichen Umwälzungen. Gewerbeverbände entstanden zunächst als Interessenvertretungen, um die spezifischen Bedürfnisse kleiner und mittlerer Betriebe gegenüber dem Staat und der sich herausbildenden Industrie zu artikulieren.
In dieser frühen Phase konzentrierten sich die Gewerbeverbände vor allem auf die Sicherung traditioneller Rechte und die Bewahrung bestehender Strukturen. Doch sie erkannten schnell, dass Stillstand keine Option war. Stattdessen traten sie für die Modernisierung und Anpassung der Rahmenbedingungen ein, die es ihren Mitgliedern ermöglichen würde, im Wettbewerb zu bestehen. So forcierten sie beispielsweise die Einführung von Berufsausbildungen und Meisterbriefen, um die Qualität und das Ansehen des Handwerks zu sichern.
Gewerbeverbände als Akteure des sozialen Wandels
Im Laufe des 20. Jahrhunderts wuchs der Einfluss der Gewerbeverbände auf die Politik. Besonders nach den beiden Weltkriegen, als der Wiederaufbau und die Wirtschaftswunderjahre enorme Herausforderungen an die deutsche Wirtschaft stellten, waren sie wichtige Akteure im politischen Prozess. Die Verbände setzten sich für eine soziale Marktwirtschaft ein,
die den Mittelstand stärkte und soziale Sicherungssysteme integrierte. Damit trugen sie maßgeblich dazu bei, das Wirtschaftssystem zu stabilisieren und gleichzeitig sozialen Frieden zu gewährleisten.

Die Globalisierung und digitale Revolution: Wandel als Daueraufgabe
Die letzten Jahrzehnte waren und sind bis heute geprägt von Globalisierung und digitaler Revolution, die erneut tiefgreifende Veränderungen für Gewerbe und Handwerk mit sich bringen. Gewerbeverbände stehen vor der Herausforderung, ihre Mitglieder auf die neuen Anforderungen vorzubereiten und ihre Interessen in einer zunehmend vernetzten Welt zu vertreten. Themen wie Digitalisierung, Nachhaltigkeit und internationale Wettbewerbsfähigkeit rücken in den Fokus.
Hier zeigten sich Gewerbeverbände erneut als treibende Kräfte: Sie initiierten Weiterbildung-sprogramme, förderten die Einführungdigitaler Technologien und setzten sich auf europäischer Ebene für faire Handelsbedingungen ein. Dabei blieb die zentrale Aufgabe, den Mittelstand als Rückgrat der deutschen Wirtschaft zu stärken, unangetastet. Auch in einer globalisierten Welt agieren die Verbände weiterhin als Bindeglied zwischen Politik und Wirtschaft und sorgen dafür, dass die Interessen ihrer Mitglieder in politischen Entscheidungsprozessen Gehör finden.
Kontinuität und Wandel – eine Balance der Interessen
Gewerbeverbände haben über 150 Jahre hinweg gezeigt, dass sie Wandel nicht nur erdulden, sondern aktiv gestalten können. Ihre Beständigkeit liegt in der Fähigkeit, sich selbst und ihre Mitglieder immer wieder neu zu positionieren, ohne dabei ihre grundsätzlichen Ziele aus den Augen zu verlieren. Die Förderung des Mittelstands, die Sicherung von Arbeitsplätzen und die Vertretung von Wirtschaftsinteressen bleiben die zentralen Anliegen, auch wenn sich die Rahmenbedingungen radikal ändern. Durch ihre enge Verzahnung mit der Politik und ihre Fähigkeit, auf gesellschaftliche Veränderungen zu reagieren, haben Gewerbeverbände den Wandel in der deutschen Wirtschaft entscheidend mitbestimmt. Sie stehen für eine Balance aus Tradition und Fortschritt, die es ihnen ermöglicht, auch in Zukunft eine tragende Rolle im politischen und wirtschaftlichen Leben zu spielen.
Zeittafel BDS Bayern
Die Geschichte der Verbandsentwicklung
Dem BDS Bayern gehören rund 15.000 Unternehmen und Selbständige mit ca. 350.000 Mitarbeitern an. Über 90 Prozent der Unternehmen aus allen Branchen des bayerischen Mittelstands sind in Familienbesitz.


Geschichte - Gabriele Seehorz
Die Historie des BDS
Dass sich kleine und mittelständische Betriebe zusammenschließen, ist nichts´ Neues. Schon im Mittelalter gab es Zünfte, später folgten die Innungen.
Auf lokaler Ebene wurden im 18. Jahrhundert erste Gewerbevereine gegründet; so zum Beispiel in Nürnberg 1792 der Verein „Gesellschaft zur Förderung der vaterländischen
Industrie“ – ein Vorläufer der heutigen Landesgewerbeanstalt.
Deutlich früher, nämlich 1699 – also vor 325 Jahren – wurde unser späteres Mitglied, der Gewerbeverein Tussenhausen in Schwaben ins Leben gerufen. Speziell im 19. Jahrhundert wurden viele weitere Unternehmerverbände gegründet.
Unter anderem entstand im damaligen Herzogtum Coburg 1824 ein Kunst- und Gewerbeverein. Dass dieser Ortsverband heute in unseren Reihen ist, haben wir einer Volksabstimmung Ende 1919 zu verdanken – knapp 90 % der Coburger wollten damals eine Vereinigung ihres Herzogtums mit Bayern und so können wir am 8. Dezember 2024 den 200. Geburtstag des Bund der Selbständigen Coburg feiern.
Die Zeit unserer eigenen Gründung, in der preußische Tugenden wie Höflichkeit, Pünktlichkeit, Fleiß und Ordnung zählten, hätte bei den heutigen Gewerkschaften massive Schnappatmung ausgelöst. Im Kriminalmuseum in Rothenburg ob der Tauber gibt es eine Büroordnung von 1880, in der es unter anderem
heißt:
„Das Personal braucht jetzt nur noch an Wochentagen zwischen 6 Uhr vormittags und 6 Uhr nachmittags anwesend zu sein. Der dienstälteste Angestellte ist für die Sauberkeit der Büros verantwortlich. Alle Jungen und Junioren melden sich bei ihm 40 Minuten vor dem morgendlichen Gebet und bleiben nach Arbeitsschluss zur Verfügung.
Überschuhe und Mäntel dürfen im Büro nicht getragen werden, da dem Personal ein Ofen zur Verfügung steht. Ausgenommen sind bei schlechtem Wetter Halstücher und Hüte. Außerdem wird empfohlen, in Winterzeiten täglich 4 Pfund Kohle pro Personalmitglied mitzubringen. Die Einnahme von Nahrung ist zwischen 11.30 Uhr und 12.00 Uhr erlaubt. Jedoch darf die Arbeit dabei nicht eingestellt werden.
Zum Abschluss sei die Großzügigkeit dieser neuen Büroordnung betont:
„Zum Ausgleich wird eine wesentliche Steigerung der Arbeit erwartet.
1874 – unser Gründungsjahr – wie sah unser Land damals aus? Das Deutsche Reich, gegründet 1871, war noch jung. Wir waren mit 41 Millionen Menschen im Jahr der Reichsgründung der bevölkerungsreichste Staat in Mitteleuropa. Mit Wilhelm II, König von Preußen, geschmückt mit dem vererbbaren Titel „Deutscher Kaiser“ und mit Reichskanzler Otto von Bismarck entwickelte sich unser Land prächtig.
Wirtschaftsliberale Gesetzgebung und die französischen Reparationszahlungen bewirkten ein scheinbar grenzenloses Wirtschaftswachstum. Die Aktienkurse stiegen und stiegen. Da wurde heftig an der Börse spekuliert, bis das Überangebot an Waren und Konsumgütern durch die Industrialisierung und durch preisgünstige Importe zu einem deutlichen Preisverfall führte – die Aktienkurse gaben nach; die Börsen in Wien, London und New York und letztlich 1873 in Berlin brachen ein und versetzten der Wirtschaft einen Dämpfer.
Vor diesem Hintergrund und der immer stärker wer enden Industrialisierung waren die Gründungen von Interessensvertretungen zum Schutz der kleinen und mittelständischen Unternehmer eine folgerichtige Reaktion auf die damaligen Herausforderungen. Dabei waren die Franken in Nürnberg einen Wimpernschlag
schneller als die Oberbayern in München.
Die Vereinsgründerväter aus der Handels- und Handwerkermetropole Nürnberg kamen aus dem Groß – und Bildungsbürgertum, waren politisch und gesellschaftlich mehrheitlich liberal gesinnt. Sie boten den Handwerkern wissenschaftlich-technische Weiterbildungen durch Lehrer und Professoren an, um sie in die
neue Zukunft als Industrielle zu führen. Viele Mitglieder, meist evangelische, kamen auch aus den Reihen der Kaufleute und der Bürgerschaft.
In Nürnberg stand man der industriellen Revolution ganz klar positiv gegenüber, anders als die Gründerväter in München.
München glänzte über Jahrhunderte weniger mit einer regen Wirtschaft als viel mehr mit einer wunderschönen Residenzstadt mit
Wittelsbacher Kultur. Als die industrielle Revolution auch München erfasste, sahen sich die Handwerksbetriebe aus dem Salz- und Holzhandel bedroht und sie gründeten aus ihren eigenen Reihen einen Verein zum Erhalt des bisherigen Handwerks, um sich damit – und mit dem Selbstverständnis sich gegenseitig keine Konkurrenz zu machen – ihre Zukunft zu sichern.
Man war politisch sehr aktiv, nicht selten waren die Vorsitzenden auch Abgeordnete, meist aus konservativen Parteien, die Mitglieder fast ausschließlich Handwerker, der katholischen Religion angehörig
Diese zwei Keimzellen unseres heutigen Verbandes hätten in der grundsätzlichen Ausrichtung wohl kaum unterschiedlicher sein können. Aber es gab tatsächlich auch Gemeinsamkeiten – beide hatten damals schon eine Art BDS Mehrwert GmbH; Kohle- und Holzmagazine versorgten die Mitglieder auch bei der Abnahme von kleinen Mengen mit günstigen Fixpreisen.
Große Maschinen zur gemeinschaftlichen Nutzung wurden angeschafft. Unterstützerkassen boten den Handwerksbetrieben zinsfreie oder wenigstens zinsgünstige Kredite zur Vorfinanzierung von Aufträgen.
Auch die Aus- und Weiterbildung von Lehrlingen und der Aufbau eines Berufsschulwesens fanden in den Gewerbevereinen statt.
Beide Vereine versuchten, sich flächendeckend aufzustellen und gründeten landesweit Ortsverbände.
Unter der Federführung des Gewerbevereins Nürnberg wurden diese 1874 im „Verband bayerischer Gewerbevereine“ gebündelt, dem Ursprungsverband unseres heutigen Bund der Selbständigen.
Zwei Jahre später tauchte unter der Führung des Münchner Verbands der „Bayerische Handwerkerbund“ auf, der später zum „Bayerischen Handwerker- und Gewerbeverbund“ erweitert wurde.
Wie wir heute wissen, fanden beide Verbände tatsächlich einen Weg zueinander. Dies gelang durch Druck von außen, durch den Druck
des 1. Weltkriegs, der die Wirtschaft zu einer Kriegswirtschaft umfunktionierte. Gemeinsam setzten sich beide Vereine dafür ein, dass auch kleine Unternehmen Militäraufträge bekamen, um unter anderem die in Folge des Kriegs schwierige Lage für Handwerks- und Gewerbebetriebe abzufedern. Und sie schmiedeten gemeinsam Pläne und arbeiteten Vorschläge aus, wie das wirtschaftliche Deutschland nach dem Krieg aussehen sollte. Die Aspekte, die grundsätzliche Ausrichtung beider Verbände fanden sich in der Gemeinsamkeit wieder.
Am 14.12.1919 war es dann offiziell soweit – beide Vereine taten sich unter dem Namen „Bayerischer Gewerbebund“ zusammen.
Damals mit 60.000 Mitgliedern hoffte man, stark genug zu sein, um die Erhaltung des Standes im zukünftigen Wirtschaftsleben zu sichern. In einem Brief an die Mitglieder schreibt am 10.
Februar 1920 der damalige Vorsitzende A. Wagner:
„Wir müssen um Ihre regste Mitarbeit ersuchen. Weiter weist er auf den Pflichtbezug der „Bayerischen Landesgewerbezeitung“
Bundesorgan des Gewerbeverbundes, für alle Ausschussmitglieder hin: „Wir setzen dabei voraus, dass alle Organisationen den Wert des Bundesorgans zu würdigen wissen und in dieser Erkenntnis nicht nur die Pflicht-Exemplare beziehen.“ Im nächsten Abschnitt macht er noch auf Freiplätze im Genesungs- und Erholungsheim in Bad Reichenhall für erholungsbedürftige, minderbemittelte Handwerks- und Gewerbetreibende, vornehmlich Kriegsteilnehmer aufmerksam und „bringt gefällig in Erinnerung, dass der Fond, der die Kosten für die trägt, auf Zuwendung angewiesen ist. So wurde preußisch korrekt ohne Umschweife Respekt eingefordert und an die Loyalität appelliert!
Auf der Tagesordnung standen damals uns allen bekannte Themen: die Existenzsicherung des Mittelstands sowie die Anerkennung der Leistung des Mittelstands im Wirtschaftsleben.
Von 1933 bis 1948 hat die Historie des Verbandes eine Lücke – unter den äußeren Gegebenheiten musste der Bayerische Gewerbebund 1933 auf Weisung des „Reichsstands des deutschen Handwerks“ aufgelöst werden.
1948 wurde der Allgemeine Gewerbeverein München wiederbelebt. Allerdings wünschten sich die Vorsitzenden nicht nur einen Landessondern einen Bundesverband. So ergriffen sie die Initiative und konstituierten am 7. Juni 1951 den Deutschen Gewerbeverband e.V. mit Sitz in München. Die Wurzeln dieses
Verbandes gehen bis ins Jahr 1891 zurück, und wir kennen ihn alle unter dem heutigen Namen nämlich: Bundesverband der Selbständigen
/ Deutscher Gewerbeverband mit
Sitz in Bonn mit dem derzeitigen Präsidenten Hans-Peter Murmann. Lange Jahre waren wir als Gründungsmitglied in diesem Verband. Zu diesem Verband liegt uns das Protokoll der ordentlichen Haupt-versammlung aus dem Jahre 1903 vor. Unter den Teilnehmern waren u.a. ein Mechaniker aus Nürnberg und ein Maler aus Kempten. Unter Ziffer III. sind folgende Zeilen zu finden:
„Die gute Entwicklung des Verbands zeigt auf,wie notwendig die Verbandsgründung war und wie wichtig der feste Zusammenschluss von Handwerkern und Kleingewerbetreibenden für
die Zukunft sein wird. Und weiter heißt es: „es wurde die Hand angelegt an die Besserung der Schäden in der Erziehung der gewerblichen Jugend,beim Lehrlingswesen; es entstanden neue Unterrichtsanstalten,“ sowie: „den Fortschritten >und Erfolgen der Gewerbevereine blieb die
Staatshilfe und die Unterstützung in Dorf und Stadt nicht verschlossen.
Die angesprochene Notwendigkeit sehen wir auch heute noch. Weiter lässt sich den Zeilen entnehmen, dass neben der BDS Mehrwert GmbH auch unsere BDS Azubi-Akademie eine lange Tradition hat. Und Gewerbevereine erhielten Staatshilfen – die guten alten Zeiten.
Neben diesem neuen Bundesverband entstand am 7.10.1956 der Deutsche Gewerbeverband- Landesverband Bayern, der auch vom Münchner Verein zusammen mit anderen Handels- und Gewerbevereinen gegründet wurde.
2008 trat der BDS Landesverband aus dem Bundesverband aus und agierte ein paar Jahre als eigenständige Organisation.
2011 wurde ein weiterer deutschlandweiter Verband – wieder mit unserer Beteiligung gegründet – der Bund der Selbständigen –Gewerbeverband Deutschland mit zunächst Präsident Brauner aus dem oberbayerischen Kaufering und heute mit Präsidentin Liliana Gatterer an der Spitze. Schon am 31.12.2016 endete das deutschlandweite Engagement unter Präsident Professor Dr. Wickenhäuser wieder.
In dem am 3. April 1892 erstmals erschienen „Gewerbe-Anzeiger“ heißt es zur Gründung des Verbands deutscher Gewerbevereine:
„Das gesamte deutsche Gewerbe hat im Wesentlichen die gleichen Interessen, leidet unter gleichen Übelständen und kann nur durch die gleichen Mittel und Wege Besserung erlangen. Darum muss das Gewerbevereinswesen einheitlich zusammengefasst werden, um für die gemeinsamen Ziele und Bestrebungen die vorhandenen Kräfte vereinigen zu können.
An dieser Stelle muss die Frage stehen, wie sich unsere Wirtschaft ohne den frühzeitigen Einsatz der Verbände, Vereine und Bünde entwickelt hätte? Die Antwort kann sicher lauten: Wären die damaligen Gründer noch am Leben, könnten sie heute voller Stolz sehen, wie richtig ihre Einschätzung war und wie erfolgreich sie in ihren Bestrebungen waren, den Mittelstand zu erhalten und zu stärken! Noch heute profitieren Gesellschaft und Unternehmertum davon.
Schon 1919, also vor 105 Jahren, wurde auf die starke Leistungsbereitschaft der kleinen und mittelständischen Unternehmer hingewiesen und die fehlende Anerkennung. Auch dies scheint heute wie damals Realität.
Den für Deutschland so typischen Mittelstand als Motor der Wirtschaft auch in Zukunft zu schützen, das ist das ehrenwerte Erbe der Gründerväter, das es gilt, weiterhin zu bewahren und mit den Mitteln moderner Kommunikation und zeitgemäßen Netzwerkens zu erneuern und erfolgreich fortzuführen.
In jüngerer Zeit hat der Verband diese Perspektive in seinen Fokus gestellt: 2010 mit ersten Social-Media-Aktivitäten, die 2018 mit der kompletten Überarbeitung der Digitalisierung in eine neue Präsenz auf diesen Plattformen mündeten. 2020 folgte das digitale Branchenbuch und nun im Jubiläumsjahr 2024 startete die BDS Social Media Akademie. Ein großes „Ereignis“ der letzten Jahre hat – so traurig es auch war – gezeigt, wie wertvoll das Engagement und die Arbeit des Verbandes für seine Mitglieder sind: In der leidigen Corona- Krise bewies sich die Solidargemeinschaft des Mittelstandes und half vielen Unternehmern mit Informationen und Beratung durch diese
schwierigen Jahre.
Gabriele Sehorz/Claudia Fratton

Historie
Im Wandel der Zeit
Namensänderungen und Logos




Wandel und Wachstum: Die Geschichte des BDS Bayern
In München waren die Handwerker der aktive Teil der Gründung von Gewerbevereinen. Ihr Ziel war es, ihre bisherige Existenzform als Handwerker möglichst zu erhalten und sich einen Platz in der neuen Wirtschaftswelt zu sichern. Dies kann mithin eher als konservative Ausrichtung bezeichnet werden denn ein wichtiges Element im Selbstverständnis des frühen AGV war die genossenschaftliche Kooperation der Handwerker. Man wollte sich bewusst keine Konkurrenz machen. Diese Vorstellung griff zurück auf alte zukünftische Traditionen im Handwerkswesen.
Die Geschichte des Bundes der Selbständigen Bayern (BDS Bayern) ist eine Geschichte von Wandel und Anpassung. Im Jahr 1956 wurde in München der „Deutsche Gewerbeverband, Landesverband Bayern“ (DGV LV Bayern) ins Leben gerufen. Dieser Verband hatte das Ziel, die Interessen der Selbständigen und Gewerbetreibenden in Bayern zu vertreten und ihnen eine starke Stimme zu verleihen.
Über vier Jahrzehnte hinweg setzte sich der DGV LV Bayern erfolgreich für die Belange seiner Mitglieder ein. Doch das Jahr 1999 markierte einen wichtigen Wendepunkt. Anlässlich des 125-jährigen Jubiläums wurde in der Generalversammlung beschlossen, den Verband umzubenennen. Fortan trug er den Namen „Bund der Selbständigen / Deutscher Gewerbeverband, Landesverband Bayern e.V.“. Diese Namensänderung ging einher mit einer Erneuerung des visuellen Erscheinungsbildes, was den modernen und dynamischen Charakter des Verbandes unterstreichen sollte. Die fortschreitende Entwicklung und die sich ändernden Anforderungen der Mitglieder machten jedoch eine weitere Anpassung notwendig.
Im Jahr 2008 beschloss die Generalversammlung in München eine erneute Namensänderung. Der Verband wurde nun offiziell als „Bund der Selbständigen – Gewerbeverband Bayern e.V.“ bekannt. Gleichzeitig entschied der BDS Bayern, aus dem Bundesverband auszutreten, um sich noch stärker auf die regionalen Bedürfnisse und Belange der bayrischen Selbständigen und Gewerbetreibenden konzentrieren zu können.
Statements
Zeitzeugen
Georg Steiner, BDS-Vorsitzender Region Passau
„Ich glaube, dass der BDS durch Corona stärker geworden ist.“
Der BDS sollte in meinem Verständnis immer dazu beitragen, Menschen zu motivieren, von den anderen zu lernen und das Gefühl vermitteln, dass man sich gegenseitig nach oben bringt. Wir haben das in Passau in den 90er Jahren sehr erfolgreich mit unserer Veranstaltungsreihe „Abende der Chefpraxis“ sowie mit dem „Niederbayerischen Motivationsforum“ gemacht.
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Der BdS sollte in meinem Verständnis immer dazu beitragen, Menschen zu motivieren, von den anderen zu lernen und das Gefühl vermitteln, dass man sich gegenseitig nach oben bringt. Wir haben das in Passau in den 90er Jahren sehr erfolgreich mit unserer Veranstaltungsreihe „Abende der Chefpraxis“ sowie mit dem „Niederbayerischen Motivationsforum“ gemacht. Höhepunkt war eine Veranstaltung 1999 in der Passauer Nibelungenhalle, bei der Vera F. Birkenbihl vor 2.500 Teilnehmern sprach. Als ich zum BdS kam, war eher gemeinsames Jammern angesagt. Durch neue Veranstaltungsformen wurden wir zu einem Kreis, der sich gegenseitig inspiriert und geholfen hat.
Ich war beeindruckt, wie der BdS in der Corona-Krise durch Top-Infos schnell und konkret zu den Mitgliedern kommuniziert hat. Ich glaube, dass der BdS durch Corona stärker geworden ist.
Ich habe aber auch Durststrecken aufgrund großer Streitereien auf Landesebene erlebt, aber mit Prof. Wickenhäuser dann auch einen Landesvorsitzenden, der den Verband väterlich und konsensual geführt und geeint hat.
Ich wünsche dem BdS, dass sich gerade auch für die Führungsfunktionen auf Orts-, Regions- und Landesebene immer wieder Persönlichkeiten finden, die die Mitglieder mitreißen und den Verband voranbringen. Es geht nicht mehr um die Institutionen, es geht um Personen, die dort gestalten. Die größte Herausforderung wird sein, starke Funktionäre für das Ehrenamt zu gewinnen, die dann auch die Größe haben, starke Mitarbeiter zu gewinnen und zu führen.
Theresia Berkholz, Mitarbeiterin seit 1973
„Wir hatten gute Zeiten, wir hatten schlechte Zeiten – wir bleiben treu.“
Über ein Drittel der 150 Jahre BDS bin ich jetzt stolze Mitarbeiterin des Verbandes. Angelehnt an den Song „Troy“, der Fantastischen Vier, möchte ich es wie folgt beschreiben: Wir hatten gute Zeiten, wir hatten schlechte Zeiten – wir bleiben treu. Insbesondere das Miteinander und die Wertschätzung, die mir von meinem Arbeitgeber und den Mitgliedern entgegengebracht wurden, ließen mich den Großteil meines Lebens in dieser Gemeinschaft verbringen.
Thomas Liebl, Landesausschussmitglied, Bezirk Oberpfalz
„Damals war es eine Auszeichnung, dabei zu sein, und das hat sich für mich bis heute nicht geändert.“
Als langjähriges Mitglied des Bunds der Selbständigen Bayern blicke ich mit Stolz auf das 150-jährige Jubiläum zurück. Über meine Familie, besonders meinen Onkel, der vor 63 Jahren den Ortsverband Regenstauf mitgründete, kam ich zu diesem einzigartigen Netzwerk. Damals war es eine Auszeichnung, dabei zu sein, und das hat sich für mich bis heute nicht geändert.
Volker Thein, Würzburg, ehem. Präsidiumsmitglied
„Gemeinschaftlich handeln und dadurch mehr erreichen.“
Im Dezember 2024 feiert Volker Thein seinen 90ten Geburtstag und blickt auf eine bewegte Unternehmerzeit zurück: „2008 habe ich mich aus der Selbständigkeit und allen Ehrenämtern zurückgezogen, seitdem steht die Familie noch mehr im Mittelpunkt unseres Lebens“. Nach Aufforderung des damaligen Ehrenpräsidenten Oswald Nippert, durchlief Thein sämtliche BDS Stationen: vom Ortsvorsitzenden über den Bezirksvorsitz, bis hin zur fränkischen Vertretung im Präsidium unter Prof. Dr. Fritz Wickenhäuser.
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Im Dezember 2024 feiert Volker Thein seinen 90ten Geburtstag und blickt auf eine bewegte Unternehmerzeit zurück: „2008 habe ich mich aus der Selbständigkeit und allen Ehrenämtern zurückgezogen, seitdem steht die Familie noch mehr im Mittelpunkt unseres Lebens“. Nach Aufforderung des damaligen Ehrenpräsidenten Oswald Nippert, durchlief Thein sämtliche BDS Stationen: vom Ortsvorsitzenden über den Bezirksvorsitz, bis hin zur fränkischen Vertretung im Präsidium unter Prof. Dr. Fritz Wickenhäuser.
Durch das enge Verhältnis zu Staatsminister a. D. Eberhard Sinner und dem Engagement im BDS, konnten viele wirtschaftliche Themen angerissen werden. So war und ist auch heute noch Volker Thein u. a. die Zusammenarbeit der Kommune mit der Politik (oder besser Regierung?), gerade im Baurecht, besonders wichtig und er war dadurch stets im engen Austausch mit Wolfgang Boetsch.
Besonders in Erinnerung blieb Thein die Rede von Oswald Nippert bei der Verbandstagung in Würzburg (2006), mit der Aufforderung, dass sich der Mittelstand zeigen, und ggf. für die Ziele der KMUs kämpfen müsse. Der Mittelstand brauche eine Stimme, und das ist der BDS.
Für die Zukunft wünscht sich Volker Thein gerade bei den Selbständigen ein gutes und vor allem menschliches Miteinander. Gemeinschaftlich handeln und dadurch mehr erreichen.
Elisabeth Bergschneider, ehem. Vizepräsidentin BDS Bayern
„Es ist eine besondere Ehre Mitglied im BDS zu sein, noch mehr dem Verband zu dienen.“
Die Arbeit im Verband schärfte meinen Blick auch für andere Branchen und ermöglichte ständige Weiterbildung. Verantwortung, Disziplin und Professionalität prägten unsere Arbeit, und trotz der Herausforderungen blieb der menschliche Aspekt stets im Vordergrund.
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„Der BdS sollte in meinem Verständnis immer dazu beitragen, Menschen zu motivieren, von den anderen zu lernen und das Gefühl vermitteln, dass man sich gegenseitig nach oben bringt. Wir haben das in Passau in den 90er Jahren sehr erfolgreich mit unserer Veranstaltungsreihe „Abende der Chefpraxis“ sowie mit dem „Niederbayerischen Motivationsforum“ gemacht. Höhepunkt war eine Veranstaltung 1999 in der Passauer Nibelungenhalle, bei der Vera F. Birkenbihl vor 2.500 Teilnehmern sprach. Als ich zum BdS kam, war eher gemeinsames Jammern angesagt. Durch neue Veranstaltungsformen wurden wir zu einem Kreis, der sich gegenseitig inspiriert und geholfen hat.
Ich war beeindruckt, wie der BdS in der Corona-Krise durch Top-Infos schnell und konkret zu den Mitgliedern kommuniziert hat. Ich glaube, dass der BdS durch Corona stärker geworden ist.
Ich habe aber auch Durststrecken aufgrund großer Streitereien auf Landesebene erlebt, aber mit Prof. Wickenhäuser dann auch einen Landesvorsitzenden, der den Verband väterlich und konsensual geführt und geeint hat.
Ich wünsche dem BdS, dass sich gerade auch für die Führungsfunktionen auf Orts-, Regions- und Landesebene immer wieder Persönlichkeiten finden, die die Mitglieder mitreißen und den Verband voranbringen. Es geht nicht mehr um die Institutionen, es geht um Personen, die dort gestalten. Die größte Herausforderung wird sein, starke Funktionäre für das Ehrenamt zu gewinnen, die dann auch die Größe haben, starke Mitarbeiter zu gewinnen und zu führen.
Elfi Kunze, Obernzell (BDS Passau)
„Für die Zukunft des Mittelstandes lohnt es sich gemeinsam zu kämpfen!“
Auch wenn sich viel speziell im Wandel der Zeit und dementsprechend auch beim BDS in 150 Jahren getan hat, glaube ich fest daran, dass der Gewerbeverband – in Gegenwart und Vergangenheit – eine starke Bereicherung für die Gesellschaft und das entsprechende gute Miteinander war und ist.
Gegenwart
Der BDS Bayern Gegenwart
und seine Rolle in den Bundesverbänden
Gegenwart
2008
Eine markante Wende
Der Bund der Selbständigen – Gewerbeverband Bayern e.V. (BDS Bayern) blickt auf eine bewegte Geschichte zurück, die tief in die deutsche Verbands-geschichte hineinreicht. Die Ursprünge des heutigen BDS Bayern liegen im Allgemeinen Gewerbeverein München, der nach dem Zweiten Weltkrieg, im Jahr 1948, wiederbelebt wurde. Doch der Blick der Vorsitzenden war von Anfang an über die bayerischen Landesgrenzen hinaus gerichtet. Es reichte ihnen nicht, einen reinen Landesverband zu etablieren; sie wollten eine nationale Plattform für Gewerbetreibende schaffen.

Stefan Julinek Referent für Politik und Kommunikation
„ Ich bin seit 2021 beim BDS
Zu meinen Aufgaben gehören die
politische Arbeit, Marketing und journalistische Tätigkeit bzw. Pressearbeit.“
Diesen Ambitionen folgend, übernahmen die Münchner Gewerbevertreter die Initiative und gründeten am 7. Juni 1951 den Deutschen Gewerbeverband e.V. mit Sitz in München. Dieser neue Bundesverband, der die Interessen von Selbstständigen und kleinen bis mittelständischen Unternehmen
auf nationaler Ebene vertreten sollte, führte die Traditionen fort, die bis ins Jahr 1891 zurückreichten. Aus dem Deutschen Gewerbeverband e.V. entwickelte sich der Verband, den wir heute als Bundesverband der Selbständigen / Deutscher Gewerbeverband (BDS/DGV) kennen, mit Sitz in Bonn. Derzeit steht Hans-Peter Murmann als Präsident an der Spitze dieses Bundesverbandes.
Der BDS Bayern spielte eine wesentliche Rolle als Gründungsmitglied dieses Verbandes und prägte dessen Entwicklung über viele Jahrzehnte. Die enge Zusammenarbeit und der gemeinsame Einsatz für die Interessen der Selbstständigen in Deutschland-formten das Gesicht des Bundesverbandes maßgeblich.
Jedoch kam es 2008 zu einer markanten Wende: Der BDS Bayern entschied, aus dem Bundes-verband auszutreten und für einige Jahre als eigenständige Organisation zu agieren. Diese Entscheidung spiegelte die Dynamik und den Wandel innerhalb der deutschen Verbändelandschaft wider, in der regionale und nationale Interessen immer wieder neu austariert werden müssen.
Bereits 2011 erfolgte jedoch ein neuerlicher Vorstoß zur Schaffung eines deutschlandweiten Verbandes, diesmal unter der Bezeichnung Bund der Selbständigen – Gewerbeverband Deutschland (BDS-GVD).
Auch dieser Verband wurde unter maßgeblicher Beteiligung des BDS Bayern ins Leben gerufen. Als erster Präsident fungierte Ingolf Brauner aus dem oberbayerischen Kaufering, bevor Liliana Gatterer das Amt übernahm.
Doch auch diese bundesweite Zusammenarbeit war von begrenzter Dauer: Am 31. Dezember 2016 endete das Engagement des BDS Bayern unter dem damaligen Präsidenten Professor Dr. Wickenhäuser in diesem Verband.
Die Geschichte des BDS Bayern zeigt exemplarisch, wie sich regionale Verbände über die Jahrzehnte hinweg in der deutschen Verbändelandschaft positionieren und immer wieder neu orientieren mussten. Von der Gründung des Deutschen Gewerbeverbandes 1951 über den Austritt 2008 bis hin zur Mitwirkung im BDS-GVD ab 2011: Der BDS Bayern hat sich stets als einflussreicher Akteur und Gestalter verstanden, der nicht nur in Bayern, sondern auch auf Bundesebene entscheidende Impulse gesetzt hat. Auch wenn das deutschlandweiter Engagement im Jahr 2016 endete, bleibt der BDS Bayern eine tragende Säule für die Interessenvertretung der Selbstständigen in Deutschland. In welcher Form das Deutschland-Engagement fortgeführt wird, wird die Zukunft zeigen.
Bildung

Die BDS Akademien des BDS Bayern bieten praxisnahe Weiterbildungen für Selbstständige und Unternehmer in verschiedenen Bereichen. Mit Fokus auf Themen wie Social Media, KI und die Vermittlung von Wissen an Azubis unterstützt der BDS die Entwicklung seiner Mitglieder. Durch Seminare, Workshops und Online-Kurse stärken die Akademien die Wettbewerbs-fähigkeit des bayerischen Mittelstands.
BDS Azubiakademie
Eine Erfolgsgeschichte
Mit der Akademie des BDS dem Fachkräftemangel entgegenwirken
Die erste BDS AZUBIAKADEMIE wurde 2006 von BDS Mitgliedern gegründet und startet mit acht Betrieben und 16 Azubis in Landsberg. Mittlerweile existieren über 30 Standorte in ganz Bayern und jährlich werden knapp 1.000 Azubis in den sogenannten „Softskills“ weitergebildet. Wissen, das nicht im Lehrbuch steht, verhilft den Auszubildenden zu mehr Kompetenz. Teamfähigkeit, sicheres Auftreten, Finanzen, Social Media, Kommunikation, Knigge und Co. sorgen für Erfolg auf der ganzen Linie! Sowohl für die Unternehmen, als auch für die Auszubildenden bietet sich die win-win Situation: höhere Qualifikation der Azubis, die Aufwertung des ausbildenden Unternehmens, sowie eine bessere Leistung der Azubis.
Frank Bernhard Bezirksgeschäftsführer
Social Media Akademie
Die BDS Social Media Akademie bietet praxisorientierte Weiterbildung für Unternehmer
und Selbstständige, die ihre Social-
Media-Kompetenzen erweitern möchten. Die Akademie ist ein Angebot, das 2024 implementiert wurde und richtet sich an
Mitglieder sowie Interessierte, die sich im Bereich Social Media Marketing weiterentwickeln
wollen. Durch verschiedene Webinare werden Kenntnisse in Bereichen wie Content-Erstellung, Plattformstrategie und Social-Media-Analyse vermittelt. Die Akademie legt besonderen Wert auf die Anwendung des Erlernten
in der Praxis und bietet somit eine direkte Unterstützung für den geschäftlichen Erfolg. Das Ziel ist es, den Teilnehmern die Werkzeuge an die Hand zu geben, um Social Media effektiv für ihre Geschäftsziele zu nutzen. Die heutigen Formen des Marketings werden mit der Social Media Akademie ganz einfach vermittelt und dem Erfolg der Betriebe steht nichts mehr im Weg.
Laura Graßl &; Stefan Julinek, Leitung Social Media Akademie
KI Akademie
Die Zukunft kann kommen! Voraussichtlich im Oktober 2024 öffnet die KI Akademie des BDS Bayern ihre Pforten. Als größter branchenübergreifender Wirtschaftsverband im Freistaat geht der BDS mit dieser Akademie einen wegweisenden Schritt in Richtung Zukunft und eröffnet seinen Mitgliedern neue Perspektiven.
Zielsetzung der Akademie:
Die KI Akademie vermittelt praxisnahes Wissen zur Nutzung von Künstlicher Intelligenz für Unternehmer und Selbstständige. Anhand konkreter praktischer Beispiele lernen die Teilnehmer, wie sie durch den gezielten Einsatz von KI ihre Effizienz steigern, ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken und sich für die digitale Zukunft sicher aufstellen können.
Inhalte:
Das Programm umfasst grundlegende Themen wie Einführung in Künstliche Intelligenz, Unternehmensmanagement und Datenanalyse. Zusätzlich werden ethische Überlegungen und Sicherheitsaspekte rund um den Einsatz von KI thematisiert.
Zielgruppe:
Die Angebote richten sich vor allem an BDS-Mitglieder, die bisher wenig Erfahrung mit KI-Technologien oder große Vorbehalte gegen diese neuen Technologien haben. Alle, die bisher die Chancen der neuen Technologien noch nicht intensiv nutzen, sind herzlich willkommen. Mit der KI Akademie erweitert der BDS die unternehmerischen Fähigkeiten seiner Mitglieds-betriebe und sorgt dafür, dass diese die Heraus-forderungen der Digitalisierung erfolgreich meistern.
Arno Schimmelpfenning
Kursleiter KI Akademie
Gegenwart& Vision
Arbeitswelten früher
und heute
Von Hierachie zu Augenhöhe
Die Arbeitswelt hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Von hierarchischen Strukturen hin zu einem kollaborativen Ansatz, von Ausgrenzung zur Integration und von starren Arbeitszeiten zu flexiblen Modellen – die Veränderungen sind vielfältig und tiefgreifend.
Früher war die Arbeitswelt stark hierarchisch geprägt. Entscheidungen wurden von oben nach unten weitergegeben, es gab klare Rangordnungen und Zuständigkeiten. Vor 150 Jahren konnten Frauen nur in bestimmten, oft schlecht bezahlten Berufen arbeiten, wie als Dienstmädchen oder Näherinnen. Sie verdienten deutlich weniger als Männer für vergleichbare Arbeit und hatten nur eingeschränkten Zugang zu höherer Bildung. Universitäten und viele weiterführende Schulen standen ihnen nicht offen.
Heutzutage verschiebt sich dieses Modell zu flacheren Hierarchien, die Kommunikation auf Augenhöhe fördern. Teams arbeiten kollaborativer, und die Meinungen aller Mitarbeiter werden stärker berücksichtigt.
Dies führt zu einer besseren Arbeitsatmosphäre, innovativeren Lösungen und höherer Mitarbeiterzufriedenheit. Dennoch zeigt der Gender Pay Gap des Statistischen Bundesamtes, dass Frauen im Schnitt 18 % weniger pro Stunde verdienen als Männer. Ursache ist neben niedrigeren
Stundenlöhnen auch die geringere Arbeitszeit von Frauen.
Susanne Hoheit – Nach einer Lehre als Bauzeichnerin und dem Studium als Kommunikationsdesignerin bin ich seit meinem 16. Lebensjahr im Berufsleben. Seit 30 Jahren arbeite ich in der Marketingwelt. Viele positive Erfahrungen mit Vorgesetzten und Kollegen, wertschätzender Umgang und Zusammenarbeit auf Augenhöhe haben meine Arbeitswelt geprägt. Mit der Geburt unserer Zwillinge 2005, gründete ich unsere Kreativagenturdesignhoheit. Zusammen mit meinem Mann und freien Mitarbeitern meistern wir Familien- und Berufsleben.
Die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie ist nach wie vor eine Herausforderung. Unzureichende Kinderbetreuung sowie ungleiche Verteilung der Sorgearbeit beeinflussen die Karrierechancen. 2007 wurde die Elternzeit eingeführt, flexible Arbeitsmodelle ermöglichen es Vätern, mehr Zeit mit ihren Kindern zu verbringen, sich aktiver an der Erziehung zu beteiligen. Noch 2006 wurde mein Mann beim Spazierengehen mit dem Kinderwagen teils schräg angesehen. Heute werden die Bedürfnisse beider Elternteile anerkannt. Bayern unterstützt Familien mit verschiedenen Programmen und Anreizen, um eine bessere Work-Life-Balance zu erreichen. Die Landesregierung setzt sich für flexible Arbeitszeitmodelle und familienfreundliche Arbeitsbedingungen ein.
„Heute frage ich mich, wie die Arbeitskultur der Generation X aussehen wird und welche Zukunft uns als Rentner erwartet. Wie gehen wir mit dem Fachkräftemangel um? Diese und viele andere Fragen stellt sich jeder in unserer schnell wandelnden Gesellschaft.“

Bedingungen, Wünsche und Visionen
In einem Redaktionsmeeting des BDS History-Magazins diskutierten wir über die Visionen und politischen Rahmenbedingungen der zukünftigen Arbeitswelt. Ein zentrales Thema war die Agenda 2010, die wesentliche Veränderungen angestoßen hat, aber auch neue Heraus-forderungen mit sich bringt. Der Arbeitskräftemangel ist ein drängendes Problem. Verschiedene Ansätze kamen auf den Tisch, darunter eine Reform des Steuersystems, der Abbau von Bürokratie und eine gezielte Zuwanderungspolitik. Diese Maßnahmen sollen helfen, den Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften zu decken und die wirtschaftliche Stabilität zu sichern. In Bayern wird besonders auf den Abbau von Bürokratie und die Förderung von Zuwanderung gesetzt. Die Landesregierung arbeitet daran, den Zugang zum Arbeitsmarkt für ausländische Fachkräfte zu erleichtern.
Integration und Karrierechancen
Während Frauen früher oft in traditionellen Rollen verhaftet waren und ihre beruflichen Ambitionen zurückstellen mussten, gibt es heute zahlreiche Initiativen und gesetzliche Regelungen, die die Gleichstellung am Arbeitsplatz fördern. Auch Rentner, die früher oft abrupt aus dem Berufsleben ausschieden, finden nun vermehrt Möglichkeiten, ihre Expertise weiterhin einzubringen. Diese Veränderungen tragen dazu bei, das Potenzial der gesamten Bevölkerung besser zu nutzen und den Fachkräftemangel abzufedern. In Bayern gibt es spezielle Programme, die die Integration von Frauen und Rentnern in den Arbeitsmarkt unterstützen, wie „Frauen-in-Führung“ und „Initiative 50plus“.
Bessere Balance statt Burn-out
Flexibilität ist ein Schlüsselmerkmal der modernen Arbeitswelt. Homeoffice und flexible Arbeitszeiten sind in vielen Branchen Standard. Diese Flexibilität ermöglicht es Arbeitnehmern, Beruf und Privatleben besser zu vereinbaren und steigert die Produktivität. Sie trägt zu einer besseren Work-Life-Balance bei, was sich positiv auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Mitarbeiter auswirkt. Persönliche Erfahrungen haben mir gezeigt, dass es entscheidend ist, für eine Sache oder seinen Job zu brennen, um Ziele zu erreichen und erfolgreich zu sein. Wer zu seinen Werten steht, Experte seines Fachs ist, flexibel handelt und offen kommuniziert, sein Netzwerk und das gesunde Bauchgefühl pflegt, ist auf dem besten Weg zu einem erfolgreichen und erfüllten Berufs- und Privatleben. Für unsere Gesellschaft wünsche ich mir weniger Bürokratie, mehr Offenheit und Wertschätzung – nicht nur auf dem Arbeitsmarkt.
Zukunft
Wie sieht unsere Wirt-schaft in 30 Jahren aus?
Die Welt von morgen: So bleiben Bayern und München wirtschaftlich stark Für unser 150-Jahre-Magazin haben Politiker ihre Visionen zur Wirtschaft in 30 Jahren geteilt. Sie sehen eine klimaneutrale, digitalisierte und innovationsgetriebene Wirtschaft, die durch nachhaltige Infrastruktur und gezielte Investitionen gestärkt wird. Bayern und München bleiben dabei starke und menschliche Standorte.
Dieter Reiter, SPD
OB München
„Münchens Wirtschaft wird in 30 Jahren die Transformation weitestgehend vollzogen haben“:
Trotz Digitalisierung setzt München auch nach 2050 auf die bewährte „Münchner Mischung“ sowie eine große Vielfalt an Arbeitsplätzen. Mit KI, Digitalisierung und weiteren technologischen Innovationen ist es gelungen, die Produktion nachhaltiger und emissionsfreier umzubauen. Innovationskraft und die Verfügbarkeit von Fachkräften sind bedeutende Standortfaktoren geworden. Hier hat München als erfolgreicher Hochschul-, Wissens- und Startup-Standort auch künftig die Nase vorn.
Barbara Fuchs, MdL
Sprecherin für Wirtsaftspolitik
„In 30 Jahren ist die klimaneutrale Modernisierung unserer Wirtschaft geschafft.“
Durch gezielte Zukunftsinvestitionen in nachhaltige Infrastruktur sind die Weichen für dauerhaften klima-neutralen Wohlstand gestellt. Unsere innovationsfreudige Wirtschaft profitiert von grünen Leitmärkten, die die Wettbewerbsfähigkeit und Wertschöpfung sichern. Effizienzsteigerungen, grüne Energien und Digitalisierung senken Kosten und eröffnen neue Geschäftsmöglichkeiten.
Martin Hagen und Katja Hessel MdB, Landesvorsitzende der FDP Bayern
„Weniger Zettel, mehr Wirtschaft“
In 30 Jahren ist unsere Wirtschaft innovationsgetrieben. Bürokratie und Steuerlast wurden stark abgebaut. Dadurch konnten Transformations prozesse erfolgreich gemeistert und eine neue Wachstumsdynamik entfacht werden. Der Fachkräftemangel gehört der Vergangenheit an – dank schnellerer Anerkennungsverfahren und einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Mit einem starken Mittelstand und Handwerk ist unser Land wettbewerbsfähig und stabil.
Tobias Gotthardt, Staatssekretär
„Bayerns Wirtschaft in 30 Jahren ist weiter leistungsstark, vielfältig und menschlich“
geprägt von Ehrbaren Kaufleuten, gemäß Ludwig Erhards Sozialer Marktwirtschaft. Gemeinsam entwickeln wir unser Ökosystem – Erfolg nicht nur ermöglichen, sondern proaktiv fördern. Unsere Wirtschaft wirkt nachhaltig im EU-Binnenmarkt und verändert die Welt – zum Besseren. Geleitet von lebendigem Unternehmergeist – Grundlage für #BavarianMut in turbulenter Zeit.
Klaus Holetschek, Vorsitzender CSU Fraktion
„ Digitalisierung, Demographie und Klimawandel werden unsere Wirtschaft verändern.“
Aber ich bin davon überzeugt, dass Bayern auch in 30 Jahren noch ein starker Wirtschafts-standort sein wird. Dafür stellen wir die Weichen – mit Investitionen in Bildung und Wissenschaft, mit der Förderung von Handwerk und Mittelstand und mit unserer Hightech Agenda. Entscheidend sind und bleiben jedoch die Menschen, die wirtschaftlich etwas bewegen wollen und die sich selbständig machen!
Zukunft - Stefan Julink & Christian Klotz
Erfolgsstrategie
In einer Welt, die zunehmend digital und global vernetzt ist, könnte man annehmen, dass das klassische Netzwerken an Bedeutung verliert. Doch gerade für Unternehmer und Selbständige, die sich stark auf ihre Region konzentrieren, bleibt der Aufbau und die Pflege eines lokalen Netzwerks eine der zentralen Säulen für den geschäftlichen Erfolg.
Stärkung der lokalen Gemeinschaft: Partnerschaften die tragen
Der Austausch und die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen in der eigenen Region schafft nicht nur Vertrauen, sondern stärkt auch die wirtschaftliche Basis vor Ort. Netzwerken ermöglicht es, enge Beziehungen zu anderen Unternehmern, Dienstleistern und
Organisationen in der Region aufzubauen. Diese Verbindungen sind oft der Ausgangspunkt für wertvolle Partnerschaften, die über bloße Geschäftsbeziehungen hinausgehen. Ein starkes lokales Netzwerk kann beispielsweise zur Initiierung gemeinsamer Projekte führen, die das Wirtschaftswachstum in der Region fördern und gleichzeitig das Gemeinschaftsgefühl stärken. Solche Projekte könnten in der gemeinsamen Vermarktung lokaler Produkte bestehen oder in der Zusammenarbeit bei regionalen Events, die die Attraktivität der Region erhöhen.
Vertrauensaufbau und Reputation: Der persönliche Kontakt zählt.
In einer Zeit, in der vieles digital abgewickelt wird, bleibt der persönliche Kontakt, gerade im regionalen Kontext, von unschätzbarem Wert. Regionale Netzwerktreffen, Messen oder lokale Events bieten eine hervorragende Gelegenheit, sich persönlich kennenzulernen, Vertrauen aufzubauen und die eigene Marke authentisch zu positionieren. Vertrauen ist insbesondere in kleineren, überschaubaren Märkten entscheidend: Eine positive Reputation, die sich durch Mund-zu-Mund-Propaganda verbreitet, kann maßgeblich zum Geschäftserfolg beitragen. Kunden und Geschäftspartner, die eine persönliche Verbindung spüren, sind oft loyaler und geneigter, das Unternehmen weiterzuempfehlen – ein Vorteil, der besonders in regionalen Märkten – vor Ort – nicht zu unterschätzen ist.
Wettbewerbsvorteil durch lokale Marktkenntnis: Schnell reagieren und agieren
Durch ein starkes lokales Netzwerk sind Unternehmer besser in der Lage, Markttrends und Veränderungen in ihrer Region frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu reagieren. Wer über ein gut gepflegtes Netzwerk verfügt, kann wichtige Informationen schneller und direkter erhalten als jene, die lediglich auf digitale Kanäle setzen. Dies ermöglicht es, sich schnell auf neue Gegebenheiten einzustellen, sei es durch die Anpassung von Angeboten oder die Implementierung innovativer Geschäftsmodelle. Die Nähe zu den Kunden und deren Bedürfnissen bietet zudem die Möglichkeit, maßgeschneiderte Produkte und Dienstleistungen anzubieten, die genau den Anforderungen des lokalen Marktes entsprechen.
Teilen von Ressourcen und Wissen: Gemeinsam stärker
Ein gut gepflegtes Netzwerk bietet darüber hinaus die Chance, Ressourcen und Wissen zu teilen. Der Austausch von Erfahrungen und Best Practices hilft dabei, Fehler zu vermeiden und Prozesse effizienter zu gestalten. In vielen Fällen können durch Netzwerken auch konkrete Ressourcen wie Technologie oder Infrastruktur gemeinsam genutzt werden, was die Kosten senkt und die Innovations-kraft erhöht. Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen ist dieser Aspekt von besonderer Bedeutung, da er ihnen ermöglicht, wettbewerbsfähig zu bleiben und gleichzeitig die regionale Wirtschaft zu stärken.
Innovation und Wachstum: Inspiration durch Austausch
Der Austausch innerhalb eines Netzwerks bringt nicht nur Vorteile im Tagesgeschäft, sondern kann auch die Quelle für neue Ideen und Innovationen sein. Durch die regelmäßige Kommunikation mit anderen Unternehmern in der Region entstehen oft unerwartete Inspirationen, die zu innovativen Projekten und Produkten führen. Diese Innovationskraft trägt maßgeblich zum Wachstum des Unternehmens bei und eröffnet gleichzeitig neue Geschäfts-möglichkeiten. Das gemeinsame Arbeiten an regionalen Projekten fördert nicht nur das eigene Geschäft, sondern stärkt auch die gesamte Region.
Netzwerken als Schlüssel zum regionalen Erfolg
In der Summe ist Netzwerken für Unternehmer und Selbständige unverzichtbar. Es bietet nicht nur die Möglichkeit, wertvolle Kontakte zu knüpfen und Geschäftsmöglichkeiten zu erschließen, sondern stärkt auch die regionale Gemeinschaft und fördert nachhaltiges Wachstum. In einer globalen Welt, in der lokale Verbundenheit und persönlicher Kontakt weiterhin unentbehrlich sind, bleibt das Netzwerken eine der wichtigsten Strategien. All das bietet der BDS Bayern in seinen Regionen und Ortsverbänden, wir leben Netzwerk miteinander und füreinander.
Wie kann ein überregionales Netzwerk wie der BDS Bayern helfen?
Wenn man räumlich zu weit auseinander ist, bieten digitale Plattformen eine gute Möglichkeit des direkten Austausches. Der BDS hat sich in seinem 150sten Jahr auf den Weg gemacht. Mit der BDS App beUnity ist es für BDS Mitglieder noch einfacher sich zu vernetzen. Sei es der Austausch unter Kollegen der eigenen Branche, Kundensuche oder Auftragsangebote. Mit einem Klick ist man mit den BDS Mitgliedern verbunden. Im Netz oder vor Ort: der BDS ist seit 150 Jahren ein starkes Netzwerk.
Zukunft
Frage:
Wie sehen Sie als Digitalminister die Zukunft des Netzwerkens? Digital, hybrid oder vor Ort? Verändert sich die Aufgabe für Verbände, oder ändert sich nur die Form des Netzwerkens?
FM:
Gute Netzwerke sind das Benzin im Motor des Fortschritts von Wirtschaft, Staat und Gesellschaft. Die Digitalisierung hat modernes Networking in eine neue Dimension gehoben und vieles vereinfacht. Neue Kontakte zuerschließen, große Reichweiten zu erzielen oder über riesige Distanzen regelmäßig miteinander zu kommunizieren, ist kinderleicht geworden. Von den damit verbundenen Chancen profitiert auch die wertvolle Arbeit unserer Verbände immens. Gleichwohl geht es beim Netzwerken am Ende immer um persönliche Beziehungen zwischen Menschen.
Digitale Tools sind dafür ein zusätzlicher Kommunikationskanal mit wachsender Bedeutung geworden. Für mich können sie persönliche Begegnungen niemals vollständig ersetzen, aber eine Menge Informationsfluss und Verbindlichkeit in die Zeit dazwischen bringen. So verstanden ist das Digitale innerhalb erfolgreicher Netzwerke ein wertvoller Knotenverstärker.
Frage:
Wie sehen Sie den Umsetzungs-fortschritt der Digitalisierung im Mittelstand?
FM:
Bayern ist Deutschlands Heimat für High-Tech. Aktuell entwickeln wir unser Land gezielt zu einem Premium Standort für Zukunftstechnologien. Dabei geschieht derzeit insbesondere im Herzen des heimischen Mittelstands eine ganze Menge: 9 von 10 Unternehmen verfolgen eine Digitalstrategie und setzen konkrete Digitalprojekte um. Trotz schwieriger Rahmenbedingungen haben praktisch alle Unternehmerinnen und Unternehmer die immense Bedeutung digitaler Technologien erkannt.
Das ist dringend notwendig, weil sich der internationale Wettbewerb massiv verschärft hat und unsere Mittelständler im Rennen Richtung digitale Zukunft unter hohem Trans-formationsdruck Schritt halten müssen. Deshalb gebe ich Bayerns Mittelstand mit bundesweit-einzigartigen Programmen wie KI-Transfer Plus und unserem bayerischen Innovationsbeschleuniger maximalen Rückenwind für ihren Weg ins KI-Zeitalter.
„Verbände wie der BDS vernetzen Start-ups und etablierte Unternehmen-Bayern unterstützt dies mit Programmen wie NextGen4Bavaria und einem starken Start-up-Ökosystem“
Frage:
Wie bewerten Sie den Stand der digitalen Infrastruktur in Bayern? (Auch, wenn die Ressortzuständigkeit nicht bei Ihnen liegt).
FM:
Bayern ist stark in der Spitzen-digitalisierung – und hat Nachholbedarf bei der Alltagsdigitalisierung, insbesondere wenn es um die digitale Infrastruktur geht. Deshalb zünden wir dafür mit unserem „Pakt für digitale Infrastruktur“ jetzt einen echten Turbo. Beim Mobilfunkausbau kommen wir gerade mit großen Schritten voran: Bezogen auf die Gesamtfläche Bayerns gibt es jetzt nur noch 3,4 % „weiße Flecken“.
Über 97 % der bayerischen Haushalte haben inzwischen Zugang zu schnellem Internet. Gemeinsam mit den Kommunalen Spitzenverbänden und den Netzbetreibern forcieren wir mehr denn je den beschleunigten Ausbau von Mobilfunk-netzen sowie flächen-deckenden Datenaustausch auf Gigabit-Niveau.
Frage:
Der BDS macht sich sorgen um die Bestandsunternehmen und möchte weiter für ein Netzwerken zwischen Jung und Alt eintreten. Wir nehmen eine starke Vernetzung in den einzelnen Bereichen wahr, aber eine noch unzureichende Vernetzung zwischen Mittelstand und Digital- Szene. Wie können sich Start-ups und bestehende Unternehmen, gegenseitig befruchten?
a. Wie können Verbände wie der BDS hier unterstützen?
b. Wie kann die Staatsregierung unterstützen und könnte uns auch hier die Bürokratie im Weg stehen?
FM:
Verbände wie der BDS sind eine ideale Plattform, um Start-ups und etablierte Unternehmen miteinander zu vernetzen. Das klappt ganz klassisch über Veranstaltungen, Konferenzen und Workshops oder über digitale Communities, die den einen Kommunikationskanal zwischen jungen und traditionellen Unternehmen eröffnen. Bewährt haben sich zudem Mentoring-Programme, die erfahrenen Unternehmern erlauben, ihre Expertise an die nächste Generation weiterzugeben.
Mein Ministerium hat dazu beispielsweise die Digitalinitiative „NextGen4Bavaria“ ins Leben gerufen, um Unternehmens-nachfolgerinnen und -nachfolger dabei zu unterstützen, Kompetenzen im Bereich Digitalisierung sowie Innovation auf- und auszubauen. Ein dezidierter Themenschwerpunkt des 12-monatigen Programms sind Start-up-Kollaborationen. Im Übrigen erhalten die Next- Gens auch Zugang zum phänomenalen Startup-Ökosystemunserer Unternehmer-TUM, das zuletzt als erfolgreichste Gründungs- initiative in ganz Europa gekürt wurde. Unnötige Bürokratie steht uns dabei in Bayern zukünftig nicht mehr im Weg.
Über den kürzlich vom Ministerrat beschlossenen Digital-Check sorgen wir nämlich als erstes Bundesland in Deutschland bereits im Beratungsverfahren dafür, dass sämtliche neuen Gesetze und Verordnungen digital administrierbar sind. Die Zeiten, in denen Politiker in Sonntagsreden Überregulierung kritisiert und am Montag neue Bürokratiemonster beschlossen haben, sind im Freistaat also ein für alle Mal vorbei.
„Bayern entwickelt sich zum Premium-Standort für Zukunftstechnologien – 9 von 10 Mittelständlern setzen Digitalprojekte um, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen.“
Vision
Visionäre
Seit 150 Jahren prägt der BDS die deutsche Unternehmerlandschaft – und
Visionäre spielen dabei eine zentrale Rolle. Sie treiben Innovationen voran,
setzen auf nachhaltige Technologien wie Wasserstoff und gestalten den digitalen Wandel aktiv mit. Durch ihre Ideen und Strategien stärken sie nicht nur den Mittelstand, sondern sichern auch Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit auf dem globalen Markt. Mit Blick auf die nächsten 150 Jahre wird deutlich: Visionäre Denker sind der Motor für eine dynamische, vernetzte und nachhaltige Zukunft.

Werner Furtner Consultant und Präsidiumsmitglied des BDS Bayern
„Der Wandel zu einer bewussteren, nachhaltigeren Wirtschaft ist notwendig“
Zahlreiche gute Beispiele belegen, dass der Wandel gelingen kann. Unternehmen integrieren dafür Gemeinwohl-Ökonomie- Konzepte, die sich an den Bedürfnissen der Gesellschaft und Natur orientieren, leisten einen positiven Beitrag zur Lösung sozialer und ökologischer Probleme, etablieren neben der Finanz-Bilanz eine Gemeinwohl-Bilanz.
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„Wie entwickeln sich Betreibe, Gesellschaft und Verbände in den nächsten 30 Jahren“?
Der Wandel zu einer bewussteren, nachhaltigeren Wirtschaft ist „not-wendig“. Zahlreiche gute Beispiele belegen, dass er gelingen kann. Unternehmen integrieren dafür Gemeinwohl-Ökonomie-Konzepte, die sich an den Bedürfnissen der Gesellschaft und Natur orientieren, leisten einen positiven Beitrag zur Lösung sozialer und ökologischer Probleme, etablieren neben der Finanz-Bilanz eine Gemeinwohl-Bilanz. In politischen Entscheidungsprozessen braucht es alternative Wohlstandsfaktoren, zum Bruttoinlandsprodukt (quantitatives Wachstum) ein Gemeinwohl-Produkt (qualitativer Wohlstand). Die Frage des „Wozu“ des Wirtschaftens, Dimensionen wie Lebensqualität, Zufriedenheit, soziale Gerechtigkeit rücken ins Zentrum. Wer dafür geeignete Antworten hat, wird in Zukunft relevant und darum wirtschaftlich erfolgreich sein. Greenwashing war gestern.
Laura Graßl, Dozentin Social Media Akademie
Durch die Digitalisierung werden wir noch dynamischer vernetzt sein.“
Angesichts der fortschreitenden Digitalisierung und Urbanisierung wird die Gesellschaft in 30 Jahren dynamischer und stärker vernetzt leben, kommunizieren und interagieren. Dies wird durch politische Entscheidungen in Verbänden und deren Einfluss auf gesellschaftliche Bedürfnisse unterstützt, was sich wiederum auf die Arbeit von Unternehmerinnen und Unternehmern auswirkt.
Sven Ruffert, Geschäftsführer Green Aktiv GmbH
„Digitalisierung, KI und erneuerbare Energien werden neue Möglichkeiten eröffnen“
In den nächsten 30 Jahren werden Betriebe, Gesellschaft und Wirtschaftsverbände durch den Klimawandel und den Energiewandel tiefgreifend verändert. Energieberatungsunternehmen spielen eine Schlüsselrolle, um Unternehmen bei Energieeffizienz und Nachhaltigkeit zu unterstützen. Digitalisierung, KI und erneuerbare Energien werden neue Möglichkeiten eröffnen, während enge Zusammenarbeit und nachhaltige Geschäftsmodelle entscheidend sein werden.
Jan Vogel, Geschäftsführer Positionierungs Professional
„Wasserstoff bietet als sauberer Energieträger künftig enormes Pontenzial“
Wasserstoff bietet nicht nur in der Elektromobilität enormes Potenzial. Der deutsche Mittelstand und die kleinen Handwerksbetriebe können durch ihre Innovationskraft Bayern/Deutschland wieder helfen Weltmarktführer in einem wichtigen Zukunftsthema zu werden. Mit der richtigen Strategie und Investitionen können wir die Herausforderungen meistern und Lösungen entwickeln. Der Weg in eine nachhaltige und wirtschaftlich bessere Zukunft ist klar: Wir können das!
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Durch unseren Kooperationspartner Toyota hatte ich die Möglichkeit, eine Woche lang den wasserstoffbetriebenen Toyota Mirai zu fahren und ihn lieben zu lernen. Mich überzeugt die Technik, weil man elektrisch fährt, ohne die lokale Stromversorgung in die Knie zu zwingen. Wasserstoff bietet nicht nur in der Elektromobilität enormes Potenzial. Der deutsche Mittelstand und die kleinen Handwerksbetriebe können durch ihre Innovationskraft Bayern/Deutschland wieder helfen Weltmarktführer in einem wichtigen Zukunftsthema zu werden.
Wasserstoff ist ein sauberer Energieträger, der bei der Nutzung keine Treibhausgasemissionen erzeugt1. Er kann vielseitig eingesetzt werden, von der Stahlproduktion, über das Heizen und Kühlen von Gebäuden bis hin zum Schwerlastverkehr2. Mit der richtigen Strategie und Investitionen können wir die Herausforderungen meistern und Lösungen entwickeln. Der Weg in eine nachhaltige und wirtschaftlich bessere Zukunft ist klar: Wir können das!
Kurzpfofil:
BDS Mehrwert eratbeitet Kooperationen mit Herstellern und führenden Anbietern um die Unternehmen mit günstigen Konditionen oder „Mehrwerten“ zu unterstützen.
Mir persönlich macht es Spass neue Themengebiete kennenzulernen und die Potentiale der verschiedenen Ansätze in ein neues Produkt zu gießen.

Max Prochazka, Geschäftsführer Azubisäule
Es wird grundlegende Veränderungen in der Arbeitswelt geben.
Der technologische Fortschritt, insbesondere in den Bereichen Künstliche Intelligenz und Automatisierung, wird die Arbeitswelt grundlegend verändern. Menschen müssen sich darauf einstellen, ihre Kenntnisse und Fähigkeiten kontinuierlich zu erweitern, um beruflich relevant zu bleiben. Unternehmen müssen sich an dynamische Märkte, Digitalisierung und Nachhaltigkeit anpassen.
Vision - Von Matthias Horx, FUTURE MIND
Future Work:
Die Arbeitswelt(en) in 30 Jahren
Es gehört zu den menschlichen Angewohnheiten, die Zukunft immer
aus der Perspektive der Vergangenheit zu sehen. Wir beharren auf
dem Weg ins Morgen gern auf dem Gestern.
Das macht die gesellschaftlichen Spannungen unserer Tage aus. Es kann aber auch – in der Umdrehung – dazu dienen, die Welt neu fühlen und denken zu lernen: von der Zukunft aus.
Unsere Arbeitswelt ist geprägt vom industriellen Prinzip. Es waren die industriellen Maschinen, die vor rund 200 Jahren ihre unerhörten Produktivkräfte entfalteten. Und in ihrem Takt jene „Arbeitswelt“ erzeugten, die wir noch heute gewohnt sind. Die Acht- Stunden-Woche stammt aus dem „Schichten-Prinzip“, in denen die Fabriken rund um die Uhr produzierten. Auch wenn heute mehr als 50 Prozent der Erwerbstätigen in Büros arbeiten, wird Präsenzarbeit häufig immer noch gleichgesetzt mit Produktivität – obwohl sich längst herausgestellt hat, dass das nicht mehr stimmt.
Arbeit wird sich in Zukunft immer weniger im alten Stundentaktorganisieren lassen, aus mehreren Gründen. Der eine Faktor ist der demographische Wandel. Die Babyboomer verabschieden sich nach einem meist fleißigen Erwerbsleben. Nun ist das keine neue Erkenntnis, und eine Weile konnten wir den Arbeitskräftebedarf weitgehend mit ausländischen Kräften ausgleichen (was in den derzeitigen politischen Verhältnissen immer schwieriger wird).
Der zweite Faktor ist die Automation. Immer mehr wiederholende Arbeiten werden von Automaten erledigt, wobei die Künstliche Intelligenz eine neue Stufe darstellt. Das zwingt die Arbeit in höhere Komplexität, bei der man mehr wissen, mehr können, mehr verändern muss. Gleichzeitig wird die Arbeit in vielen Bereichen ortsnäher, menschennäher, kommunikativer. Jeder Trend erzeugt einen Gegentrend. Die dritte Dimension des Arbeitswandels findet sich im Wertewandel hin zur Individualisierung. Vor allem bei der jüngeren Generation verändert Erwerbsarbeit ihre psychologische und biographische Bedeutung. Sie wird vom abhängigen Lebenserhalt zum essentiellen Teil der Lebensverwirklichung. Vom Zweck zum Eigen-Sinn.
Die Klage über den „Facharbeiter-mangel“ und das Jammern über mangelnde Leistungsbereitschaft verraten, wie schwer wir uns mit diesem komplexen Wandel tun. Dass immer genug „fachlich Passende“ in genau jene Bedarfe passen müssen, die von Industrie und Wirtschaft benötigt werden, ist ein überkommenes
Anspruchsdenken. Die Bildungs- und Ausbildungssysteme können längst nicht mehr mit der neuen Vielfalt und Dynamik der Berufe und Tätigkeiten mithalten. Deshalb kommen viele Betriebe heute wieder zur internen Ausbildung zurück. Das ist erfolgreich, erfordert aber ein völlig neues „Beziehungswesen“: Unternehmen müssen sich bei den möglichen Mitarbeitenden bewerben, anstatt umgekehrt. Sinn- und Motivationsfragen spielen eine viel größere Rolle.
Diese drei Arbeits-Typologien werden die Arbeitsmärkte der Zukunft prägen:
1. Die neuen Skill Worker: gut bezahlte
Arbeitskräfte mit hohem Karriere- und Ausbildungsniveau, die über technische Intelligenz verfügen und in der Lage sind, schnell um- und dazuzulernen. Doch auch sie sind „schwierig“ geworden: Skill Worker wissen, dass sie in der heutigen Arbeitswelt auch woanders begehrt sind. Und sie stellen Führung gern in Frage.
2. Home Balancers:
Immer mehr Menschen nehmen Arbeit nur noch zu ihren persönlichen Konditionen an. Die Arbeit muss sich dem familiären und individuellen Leben anpassen, nicht umgekehrt.
3. Neue Work-Nomaden:
In den Städten ist ein breites Milieu der „kreativen Klasse“ entstanden, die sich eher als „Selbstunternehmer“ sehen. Sie arbeiten projektorientiert, selbstbestimmt, in verschiedenen Jobs und gern remote. Ihr Lebensstil ist eher postmateriell als karriereorientiert, eher multimobil als konventionell. Doch gerade in diesem Milieu finden sich viele Talente und Leistungsbereite.
Für traditionelle Unternehmen heißt all das: Sie können mit den alten Rekrutierungsprozessen nicht mehr weiterkommen. Drastisch gesprochen: Das Verhältnis zwischen Kapital und Arbeit kehrt sich um. Die Versuchung ist groß, sich in die alte Welt zurückzusehnen, in der die Bewerber:innen Schlange standen und man nur auswählen musste. Oder über mangelnde Leistungsbereitschaft zu klagen und eine 45-Stunden-Woche zu fordern. Aber das ist Pfeifen im Walde.
Die neue Arbeitswelt erfordert ein anderes Denken, ein anderes Fühlen über Mensch und Arbeit. Aber es lohnt sich. Denn hier liegt der Schlüssel zu echtem Fortschritt. Zu einer Zukunft, die tatsächlich lebenswert, kreativ und auch ökonomisch produktiv ist. Und in der Menschen sich nicht so früh wie möglich in „die Rente“ flüchten, weil Arbeit für sie keinen Sinn mehr macht.