Der Münchener Merkur warnt vor einer Betrugsmasche mit Defibrilatoren:
Die große Defi-Abzocke
Erdweg – Die Abzocke läuft gut: Die Firma defiMed hat mehrere Firmen aus dem Landkreis dazu gebracht, Sponsoring-Verträge für Defibrillatoren zu unterschreiben – mit der Hilfsbereitschaft macht sie ein großes Geschäft.
„Leben retten durch Sponsoring“: Der Werbeslogan der Firma defiMed klingt verlockend. Ein kostenloser Defibrillator, finanziert durch das Engagement regionaler Firmen. Doch davon profitiert vor allem defiMed selbst.
Diese Erfahrung machten viele Unternehmer aus Erdweg und Umgebung sowie die SpVgg Erdweg. Seit 2009 gibt es an der Turnhalle Erdweg einen Defibrillator. Der ehemalige Vorsitzende der Tennisabteilung hatte damals einen Vertrag mit defiMed unterschrieben: Der besagt, dass die Sportler eine Fläche zur Verfügung stellen, auf der defiMed einen Defibrillator aufstellen kann. Das Gerät wird über Sponsoring finanziert. Firmen geben Geld und bekommen dafür Werbeanzeigen beim Defibrillator.
Von dem Vertrag wusste der Sportvereinsvorsitzende aber gar nichts. Als der Gesamtvereinsvorsitzende Robert Modlinger Einspruch einlegte, war es zu spät: Zwölf Jahre sind die Sportler an defiMed gebunden. „Wir haben keine Chance, aus dem Vertrag rauszukommen“, sagt Modlinger. Das einzige Entgegenkommen der Firma war, die Vertragslaufzeit bis auf Herbst 2018 zu verkürzen. Dabei wird der Defibrillator bis dahin aber gar nicht gebraucht: Die Spielvereinigung hat sich mittlerweile ein eigenes Gerät gekauft, und die Gemeinde will selbst einen Defibrillator an der Turnhalle installieren.
Trotzdem haben rund 20 Geschäftsleute aus Erdweg und Umgebung einen Dreijahresvertrag unterzeichnet, bei dem sie einmalig im Durchschnitt rund 1000 Euro für einen defiMed-Defibrillator bezahlen müssen. Ein Mitarbeiter hat ihnen mit einem Trick einen Sponsoring-Vertrag verkauft. „Der Mitarbeiter trat auf, als sei er vom Sportverein“, sagt Birgit Hausotter, Vorsitzende des Gewerbeverbands Erdweg. Der Mann appellierte an das soziale Gewissen: Die Firmen könnten helfen, Leben zu retten, und gleichzeitig die SpVgg unterstützen. Die meisten Unternehmer glaubten das, ohne sich noch einmal bei dem Verein rückzuversichern. Doch: Zu keiner Zeit hatte der die SpVgg defiMed gestattet, im Namen des Vereins zu handeln.
Sollte man das beweisen können, wäre das laut Tatjana Neuwald von der Industrie- und Handelskammer womöglich arglistige Täuschung. Ansonsten sind solche Sponsoring-Modelle aber meistens rechtskonform, so Neuwald: „Nicht alles, was wirtschaftlich unfair ist, ist auch rechtlich verboten.“
Für die Firma defiMed lohnt sich das Geschäft. Bei rund 20 Verträgen mit etwa 1000 Euro ergeben sich hochgerechnet Einnahmen in Höhe von 20 000 Euro. Zum Vergleich: Ein Defibrillator kostet in der Regel nicht mehr als 2000 Euro. defiMed übernimmt zwar auch die Wartungsarbeiten, die Gewinnspanne ist wohl trotzdem groß.
Laut Vertrag ist es den Erdweger Firmen möglich, ein halbes Jahr vor Ablauf der dreijährigen Laufzeit zu kündigen. Einige wollten jedoch schon jetzt den Kontrakt lösen. Doch: „Die Firma sendet Schadensersatzrechnungen an diejenigen, die den Vertrag anfechten“, sagt Birgit Hausotter. Die Unternehmen überlegen, sich gemeinsam zur Wehr zu setzen: „Wir prüfen eine Anzeige“, sagt Hausotter. Modlinger von der Spielvereinigung muss jetzt erst einmal einen neuen Standort für den ungewünschten defiMed-Defibrillator suchen: „Vielleicht im Tennisheim“, meint er. „Wenn nicht, dann nagel ich ihn irgendwo an einen Baum.“ Viel wichtiger als der Defibrillator ist ihm, Schaden von der Spielvereinigung abzuwenden: „Wir werden schon schief angeredet. Es geht leider alles auf den Verein zurück“, sagt er. DefiMed war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Quelle: Dachauer Nachrichten/Münchner Merkur, Autorin: Claudia Schuri, erschienen am 18. September 2015.