Kurt-Georg Scheible ist Unternehmer, Verhandlungstrainer und Autor. Er macht mittelständische Unternehmen fit für zermürbende Verhandlungen mit Konzernen und hat darüber nun ein Buch geschrieben: Raus aus der Win-Win-Falle!
Denn Win-Win gibt es nicht, so Scheible. Einer verliert immer. Im schlimmsten Fall beide. Also besser gleich auf Sieg verhandeln.
Nur – wie geht das?
Wie bereite ich mich mental auf Verhandlungen vor?
Das beginnt schon weit vor der Verhandlung. Ich empfehle allen Menschen, die viel verhandeln, ein spezielles Mentaltraining. Eine aktive Art der Mediation, die ich selbst auch praktiziere. Wichtig ist, vor und während der Verhandlung die eigenen Gedanken zu steuern, auch das kann man mit der richtigen Technik lernen. Dann gehört eine gewisse körperliche Ausdauer dazu und das Wissen, wie Sie Ihr Denken über Ihren Körper steuern können. Das erstaunt Teilnehmer meiner Vorträge immer wieder, wie schnell und einfach das geht. Kurz gesagt: Mit der Körperhaltung eines Verlierers können Sie keine Verhandlung gewinnen.
Welche Rolle spielt die emotionale Ebene, beziehungsweise Sympathie?
Verhandeln ist noch immer ein People Business. Es „menschelt“ vor, während und vor allem nach Verhandlungen. Faktoren wie Empathie und Sympathie sind deshalb auf beiden Seiten des Verhandlungstisches noch immer entscheidend. Übrigens bestätigen mir Verhandlungsprofis immer wieder, dass dies auch ihre größte Schwachstelle ist.
Wie lässt sich Verhandeln trainieren?
Durch verhandeln. Und da gibt es jeden Tag unzählige Möglichkeiten, doch die bleiben ungenutzt. Zum Beispiel war ich vorhin auf dem Wochenmarkt und ich liebe es, mit den Markthändlern zu feilschen und immer wieder mal was Neues auszuprobieren. Da lassen sich auch ganz wunderbar Verhandlungstaktiken wie die „Salamitaktik“, eine „überzogene Forderung“ oder eine „Treppenverhandlung“ üben. Auch mit dem Taxifahrer handle ich oft und wenn ich Kleider oder Schuhe kaufe, sowieso. Das sind immer kleine Standardsituationen und je mehr Sie die üben, umso besser werden Sie.
Zu wieviel Prozent ist Verhandlungserfolg Vorbereitung?
Die Vorbereitung beginnt streng genommen schon Jahre vor der eigentlichen Verhandlung. Je mehr Sie geübt haben und einzelne, auch kleine Standardsituationen sicher beherrschen, umso mehr greifen Sie in Verhandlungen auf Ihren aktiven Erfahrungsschatz zurück – ähnlich dem Wortschatz in einer fremden Sprache. Dann können Sie in Verhandlungen auch ohne lange Vorbereitung intuitiv und sicher darauf zurückgreifen.
Gleichzeitig erhöht sich dadurch auch Ihre Selbstsicherheit und Sie gehen couragierter und selbstbewusster in Verhandlungen.
Wie erkenne ich, ob mein Verhandlungspartner pokert?
Selbst sehr geübte Pokerspieler können die sogenannten Mikro-Ausdrücke in ihren Gesichtern nicht vollständig verbergen. Das ist auch der Grund, weshalb viele Spieler am Pokertisch dunkle Sonnenbrillen oder tief gezogene Mützen tragen. Deshalb hilft eine gute Menschenkenntnis mit der Fähigkeit, im Gesicht des Gegenübers und seine Körpersprache zu lesen, extrem weiter. Aber ganz sicher sollten Sie nie sein, denn anders als beim Pokerspiel können bei echten Verhandlungen jederzeit neue Karten dazu kommen und Sie wissen nie, ob Ihr Verhandlungsgegner noch ein Ass im Ärmel hat.
Hilft schreien, schnauben, Türen schlagen?
Donald Trump soll dafür berüchtigt sein…
Bei eher ungeübten Verhandlern kann so ein Ramboverhalten schon noch etwas bewirken. Und in der Tat praktizieren viele Einkaufsabteilungen in Deutschland noch ganz bewusst solche Taktiken. Doch wer so ein emotionales Auftreten schon ein paar Mal erlebt hat, der kann damit gut umgehen.
Viel schwieriger sind die ruhigen und eher stillen Verhandler, mit den sachlichen, rein auf Fakten und Tatsachen beruhenden Verhandlungstaktiken.
Das ist die neue Generation der jungen, eher kühlen Verhandler, denen die heißblütigen Rambos weichen werden. Statt laut schreiend wird dann still und leise exekutiert.
Das Interview führte Christian Haimerl.